Perspektiven: Disegnato GmbH auf der Riedern/Bern
Von Butterverpackungen über Briefmarken und Bastelbögen hin zu Interfaces: Jürg Glauser über die Geschichte von Disegnato, seinen Alltag, einen Blick auf die Ausbildung und die segmentierte Kreativbranche.
Deine/eure Geschichte in drei Sätzen:
2015 ist Disegnato aus dem Atelier Beat Leuenberger im Rahmen einer Nachfolgeregelung hervorgegangen. Schon seit 2002 gestalten wir im schönen Atelier auf der Riedern/Bern für unsere Kunden. Davor arbeitete Beat Leuenberger ab 1979 (wow, schon 40 Jahre!) in der Berner Länggasse. Aus dieser Zeit stammt auch die alte Butterverpackung, die er gestalten durfte – das Alu-Papier mit den grünen Balken. Unser Team, alles gelernte Grafiker und Grafikerinnen EFZ, ist klein aber konstant.
Heute:
Gestalten wir mit viel Freude viele Dinge für viele Kunden. Eine Spezialität von uns sind Bastelbögen und Briefmarken, aber auch anspruchsvolle Interfaces – zum Beispiel für Rollstuhlsteuerungen. Unser Fokus liegt auf solider Grafik, die funktioniert. Egal in welchem Medium.
Was ist euch bei eurer Arbeit wichtig?
Gestaltung ist Haltung. Schön, wenn das alle am Projekt beteiligten, ob Mitarbeiter, Kunden oder Zulieferer verstehen und mittragen. Damit meine ich Ehrlichkeit, Transparenz, Verlässlichkeit und Fairness. Dann kommt’s gut.
Weiter möchten wir unseren Berufstand fördern und erhalten, deshalb bilden wir Grafiker/innen EFZ aus.
Was schätzt ihr an eurer Arbeit und was gefällt euch weniger?
Dieser Beruf macht einfach Freude. Ich staune immer wieder, was wir mit unserer Arbeit auslösen können. Schwierig ist für mich, dass die Erwartungshaltung punkto Termin und Kosten bei vielen Kunden hoch ist. Wenn ich dazu meine eigenen Qualitätsmassstäbe einbringen will, geht’s halt manchmal nicht mehr ganz auf.
Wie bringt ihr Familie und Beruf unter einen Hut?
Ich besorge mir den Hut mit der breiten Krempe, da passt mehr drunter 🙂 Meiner Frau und meinen beiden erwachsenen Jungs bin ich sehr dankbar für ihre Toleranz. Auf der organisatorischen Ebene funktionieren wir inzwischen wie eine Wohngemeinschaft: mit Hilfe der App Flatastic wird die Haushaltarbeit gerecht verteilt und gemanagt, was recht gut funktioniert.
Welchen Stellenwert hat für euch eure Ausbildung – was konntet ihr mitnehmen? Was habt ihr vermisst?
Meine beiden Ausbildungen – Schriftenmaler und Grafiker – sind schon lange her. Beide Berufe gibt’s schon gar nicht mehr in dieser Form. Meine ganze berufliche Entwicklung ist ein Learning-by-doing-Prozess, das hält mich auch jetzt noch bei der Stange.
Wenn ich jetzt als alter Jungunternehmer etwas vermisse, sind das etwas breitere betriebswirtschaftliche Grundkenntnisse.
Wie beurteilt ihr die aktuelle Ausbildung zum Grafiker EFZ, zur Grafikerin EFZ?
Mit der aktuellen Bildungsverordnung sind wir auf Kurs. User Experience/User Interface-Design könnte meiner Ansicht etwas an Bedeutung zulegen, halt zulasten von Drucktechniken. Schade, bilden nicht mehr Betriebe Grafiker aus.
Wo steht unser Beruf in fünf Jahren?
Hoffentlich gibt’s uns noch 🙂 Die Kreativbranche ist schon sehr stark segmentiert und wird es bleiben. Mit guten Ideen und innovativer Gestaltung werden wir Gegentrends schaffen. Wir werden nicht mehr alles können, sondern vermehrt Kooperationen bilden, was bedingt, dass wir wissen, was wir können. Ich denke, das wird nicht nur die Ausbildung, sondern jeden Einzelnen herausfordern.
Showcase
Zum Autor: Jürg Glauser ist Grafiker, Inhaber und Geschäftsführer von Disegnato, Ausbildner, Chefexperte für das QV in Bern und langjähriges SGD-Mitglied. Er lebt mit seiner Familie in der Nähe von Bern.